Windkraft und Rettungswesen auf der Nordsee

30.04.2019

von Friedrich-Wilhelm Trottmann

Offshore Windenergie - Eine spannende Reise in eine andere Welt direkt vor unserer Küste

Meldorf – Wer kennt sie nicht, die Windkraftanlagen im Kreis Dithmarschen, die unsere Landschaft erobert haben und den freien Blick versperren? Doch was passiert hinter dem Horizont auf hoher See, wenn wir auf dem Deich stehen und den freien Ausblick auf die Nordsee genießen?

Was lag da näher, den 59-jährigen Berufspiloten Sönke Dorn aus Büsum für einen Vortrag vor der Seniorenunion in der Erheiterung zu gewinnen, der als Veteran der Bundeswehr seit 2001 im Offshore-Geschäft tätig ist. Als Stationsleiter der Rettungsstation in Sankt Peter Ording fliegt er mit seinem Hubschrauber zu den 1300 Windrädern vor unserer Küste, außerhalb unserer Sichtweite vom Land aus. Keine Lärm- und Lichtemissionen, viel Platz, konstanter Wind, mehr Wind auf See, keine Höhenbegrenzung, denn der Windnimmt mit der Höhe signifikant zu, dass sind Vorteile, die es zu nutzen gilt, da die Leistung einer Offshore-Anlage circa der 5-fachen einer Anlage an Land entspricht.

Tschernobyl am 26.04.1986 und Fukushima am 11.03.2011 leiteten die Energiewende ein und führten zum Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), welches zum Ziel hat, bis 2035 alternative Energie auf 50 bis 60 Prozent zu steigern, wobei 2017 38,5 Prozent erreicht wurden, davon 18,8 Prozent aus Windkraft, dabei ersetzen 220 Offshore-Windanlagen ein KKW. Ein Problemfeld sei die Stromspeicherung, die Überkapazitäten seien zu nutzen und zwar das Verteilen und Ausgleichen solle nicht nur innerhalb von Deutschland geschehen, sondern auch mit Norwegen. Dort werde Wasser nach oben gepumpt und die Wasserkraftwerke als Speicher benutzt. Die NordLink-Kabeltrasse vom Umspannwerk Tonstadt/Norwegen zum Landübergang beim Tertiussand-Neuenkoog/Stinteck nördlich Büsum zum Umspannwerk Wilster sei dazu unter anderem vorgesehen.

Dorn ging auch auf technische Details ein, 55 Kilometer vor der Küste werden bis zu 28 Meter Tiefe die Windpark-Anlagen auf dem Meeresboden gebaut, der Strom über Konverterstationen zu den Landumspannwerken geleitet. Dabei werden alle Anlagen, die eine Lebensdauer von 20 bis 25 Jahre haben, untereinander verbunden. Bei 40 bis 45 Knoten Windgeschwindigkeit (Beauforts acht) werden die mit einer Nabelhöhe von 92 Meter Höhe und 126 Meter Rotordurchmesser ausgestatteten Anlagen aus Effektivitätsgründen heruntergefahren. Hubschrauber bringen die Menschen zu den Anlagen, Fracht wird per Schiff dorthin transportiert, wobei 2.500 Spezialisten täglich in der Deutschen Bucht arbeiten. Sie sind draußen 14 Tage lang und dann die gleiche Zeit an Land. In der Ostsee gibt es in der Deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) ebenso einige Offshore Windparks, diese stehen jedoch dichter an der Küste.

Eine Daseinsfürsorge bei Unfall und Krankheit ist aufgebaut worden, damit eine qualifizierte Versorgung wie an Land gesichert ist. Von Einsatzort Sankt Peter Ording ist man mit dem Rettungshubschrauber in 13 bis 45 Minuten, je nach Entfernung zur Anlage im sogenannten Schwanenhals, so wird die ausschließliche Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer Form genannt. Bei der notärztlichen Versorgung/ Rettung der Offshore-Windparks gilt die GOLDENE STUNDE, das bedeutet, innerhalb 30-60 Minuten ist der Notarzt am Einsatzort. Tele-Medizin und voll ausgerüstete Rettungshubschrauber mit fünf Besatzungsmitgliedern sind im Einsatz. Eine eigene Leitstelle bei der Seenotrettungsleitstelle der DGzRS in Bremen sichert den Start innerhalb von 15 Minuten am Tag und 30 bei Nacht.

Der Lichtbildervortrag von Dorn war so packend vorgetragen, dass absolute Stille herrschte, auch die vielen qualifizierten Fragen zeugten davon, dass ein engagierter Berufspilot aus seinem täglichen Leben anschaulich und mit Einsatzbeispielen die Zuhörer mitgenommen und in seinen Bann gezogen hat.